Waldgefährdungen

Zusammengefasste Ergebnisse
des Waldzustandsbericht 2024

Allgemeine Erhebungsdaten zum Wald, Waldaufbau und Zuwachs finden Sie auf der Seite Waldinventur.

Im Jahr 2024 konnten die Wälder von zahlreichen und ergiebigen Niederschlägen profitieren, die eine gute Wasserversorgung der Bäume sicherstellten und akuten Trockenstress minimierten. Dennoch sind die Auswirkungen der vergangenen trockenen Jahre in Form von abgestorbenen Kronenteilen und schlechter Belaubung in vielen Baumkronen weiterhin sichtbar. Zudem kam es auch in diesem Sommer wieder zu einer starken Verbreitung der Fichten-Borkenkäfer. Zugleich wurde bei Laubbäumen landesweit vermehrt Blattfraß durch verschiedene Insektenarten festgestellt.

Wälder profitieren von Niederschlägen – Spuren vergangener Trockenjahre bleiben aber sichtbar
Die mittlere Kronenverlichtung der Waldbäume verringerte sich im Jahr 2024 um 1,1 Prozentpunkte auf 25,8 Prozent und liegt damit auf dem niedrigsten Wert der letzten fünf Jahre. Allerdings weisen die Wälder Baden-Württembergs auch nach der diesjährigen Erholung weiterhin ein hohes Schadniveau auf. Aktuell sind 40 Prozent der Waldfläche deutlich geschädigt, wobei der Anteil der Bäume mit einer besonders starken Kronenverlichtung (mehr als 60 Prozent) seit mehreren Jahren nahezu gleichbleibend hoch ist.

Der Kronenzustand der Fichten zeigt sich im Vergleich zum Vorjahr landesweit nahezu unverändert. Der mittlere Nadelverlust erhöhte sich nur geringfügig auf 25,5 Prozent. Die Schädigung der Fichten durch massenhaft auftretende Borkenkäferarten wie dem Buchdrucker blieb auch in diesem Jahr weiterhin sehr hoch, obwohl das kühl-feuchte Frühjahr die Käferentwicklung zunächst bremste.

Dagegen ging die Belastung durch Tannenborkenkäfer deutlich zurück. Der mittlere Nadelverlust der vergleichsweise tief wurzelnden Tannen verringerte sich auf 20,4 Prozent, wobei insbesondere ältere Bäume in diesem Jahr eine sichtbare Verbesserung des Kronenzustandes aufwiesen.

Auch die mittlere Kronenverlichtung der Kiefern hat sich in diesem Jahr aufgrund der guten Wasserversorgung verringert und ist mit 28,5 Prozent zum zweiten Mal in Folge niedriger als im Vorjahr. Trotz dieser leichten Erholung bleibt der Zustand der Kiefern weiter angespannt. Die vergangenen Jahre haben mit ihren ausgeprägten Dürrephasen, langanhaltenden Hitzeperioden und milden Wintern in Kombination mit starkem Mistelbefall und Diplodia-Triebsterben die Vitalität der Kiefern erheblich geschwächt, was sich in diesem Jahr in einer auffallend hohen Ausfall- und Mortalitätsrate zeigt.

Der Kronenzustand der Douglasie bleibt, nach einer Verbesserung im letzten Jahr, mit einer mittleren Kronenverlichtung von 19,3 Prozent in diesem Jahr nahezu konstant. Bei älteren Douglasien ist häufig eine Verlichtung der Baumkronen von innen nach außen festzustellen, was auf vorzeitigen Nadelverlust durch Trockenstress und/oder einen Befall durch die Rußige Douglasienschütte zurückzuführen ist. Auch die Douglasien-Gallmücke schädigt die Bäume, indem ihre Larven in junge Nadeln bohren und diese sich verkrümmen und schließlich abfallen.

Der mittlere Blattverlust der Buchen verringert sich in diesem Jahr leicht auf 31,3 Prozent. Viele Buchen haben unter der Hitze und Dürre der letzten Jahre stark gelitten, insbesondere nach dem extrem trockenen Jahr 2018, in dem der mittlere Blattverlust erheblich angestiegen war. Obwohl bereits das Jahr 2023 eher feucht und das Jahr 2024 ausgesprochen niederschlagsreich war, zeigt sich insbesondere bei älteren Buchen kaum eine Verbesserung des Kronenzustands. Die Dürreschäden der vergangenen Jahre sind häufig noch erkennbar, etwa durch fehlende Blattmasse und Totäste, ohne das bisher eine wesentliche Regeneration der Verzweigungsstruktur erfolgt ist. In diesem Jahr ist zudem an vielen Bäumen ein etwas stärkerer Blattfraß durch den Buchenspringrüssler festzustellen.

Für die Eichen zeigt sich aktuell, nach einer Verbesserung der Vitalität im letzten Jahr, eine erneute Verschlechterung des Kronenzustands. Der mittlere Blattverlust erhöht sich auf 31,6 Prozent. Neben Fraßschäden durch Schmetterlingsraupen wurden die Eichenblätter dieses Jahr häufig durch Eichenmehltau beeinträchtigt.

Der wie immer vergleichsweise geringe Schädigungsgrad des Bergahorns ist auf den hohen Anteil jüngerer Bäume zurückzuführen. Der mittlere Blattverlust verringert sich dieses Jahr auf 15,1 Prozent. An stark geschwächten Bäumen ist jedoch nach den zuletzt sehr heißen und trockenen Jahren vermehrt die Ahorn-Rußrindenkrankheit zu finden, deren pilzliche Erreger am Stamm rußartige Sporenlager anlegen und die Bäume in kürzester Zeit zum Absterben bringen.

Der Kronenzustand der Eschen konnte sich in diesem Jahr aufgrund der guten Wasserversorgung zwar verbessern und der mittlere Blattverlust ist im Vergleich zum Vorjahr auf 35,4 Prozent gesunken. Jedoch leiden die Bäume weiterhin erheblich unter dem Eschentriebsterben und die Absterberate der befallenen Bäume ist nach wie vor sehr hoch.

Fazit

Das regenreiche Jahr 2024 brachte für die Wälder eine leichte Erholung; die Vitalität vieler Bäume ist jedoch durch die klimatische Belastung der letzten Jahre immer noch geschwächt. Es ist davon auszugehen, dass durch die langanhaltende Trockenheit im Laufe der letzten Jahre nicht nur Schäden in den Baumkronen entstanden sind. Bei intensiver Austrocknung des Bodens können auch Wurzeln in erheblichem Umfang absterben und die symbiotische Beziehung zwischen Wurzeln und Pilzen (Mykorrhiza) stark geschädigt werden. Die Regeneration derartiger Schädigungen im Wurzelbereich ist langwierig, so dass die Wasser- und Nährstoffaufnahme der Bäume über Jahre hinweg beeinträchtigt sein kann. Dies zeigt sich eindrücklich in den Daten der Waldzustandserhebung, in denen regelmäßig nach Trockenjahren zwar eine leichte Erholung des Kronenzustands zu verzeichnen ist, aber das Schadniveau nach Trockenjahren über lange Zeit hinweg auf einem hohen Niveau verharrt

(Quelle: FVA Baden-Württemberg: Waldzustandsbericht 2024 - auszugsweise)


Klassifikation der Schadstufen (aus "Waldzustandsbericht 2023 Baden-Württemberg)
Klassifikation der Schadstufen (aus "Waldzustandsbericht 2023 Baden-Württemberg)

Kronenverlichtung 2024

  • Mittlerer Kronenverlichtungsgrad:
    25,8%    (-1,1%)
  • nach Baumarten
    (in Klammern: Veränderungen
    gegenüber dem Vorjahr)
  • Fichte: 25,5% (+0,6%)

    Tanne: 20,4% (-3,1%)

    Kiefer: 28,5% (-2,9%)

    Buche: 31,3% (-1,0%)

    Eiche: 31,6% (+2,2%)

    Esche: 35,4% (-7,2%)


Waldzustand Baden-Württemberg_Entwicklung der Schadstufenanteile seit 1985
Entwicklung des mittleren Nadel-/Blattverlusts nach Baumarten seit 2005

Entwicklung des Waldzustands in Baden-Württemberg, nach Schadstufen (links) und nach Hauptbaumarten (rechts)  von 1985 bis 2024 in Prozent aller Beobachtungen. (Zum Vergrößern auf die Grafiken klicken)

Neuere Werkzeuge der Waldzustandsbeschreibung und der waldbaulichen Planung sind die Vulnerabilitätskarten und die Karten der gegenwärtigen und zukünftigen Baumarten-Eignung.

Vulnerabilitätskarten

Die Vulnerabilitätskarten zeigen wie gefährdet die derzeit vorhanden Bestände zum jetzigen Zeitpunkt sind. Für die vier Hauptbaumarten Fichte, Buche, Traubeneiche und Weißtanne wird ein Gesamtwert auf Grundlage klimabedingter naturaler Risikofaktoren berechnet, wie z. B. Sturmwurfgefährdung oder Borkenkäferrisiko. Die Darstellung erfolgt in Brauntönen, je dunkler dieser ist, desto höher ist das Risiko für den Bestand.

 

Gesamt-Vulnerabilität 2019 im Rems-Murr-Kreis
Gesamt-Vulnerabilität 2019 im Rems-Murr-Kreis

Baumarten-Eignungskarten

Die Baumarten-Eignungskarten zeigen die Eignung der bei uns vorkommenden Hauptbaumarten Fichte, Buche, Traubeneiche und Weißtanne bei verändertem Klima für verschiedene Bezugszeitpunkte und Klimaszenarien. In Ampelfarben von grün (geeignet) bis rot (ungeeignet) erleichtert die Karte die Baumartenwahl, wenn durch Naturverjüngung oder Pflanzung eine neue Waldgeneration begründet werden soll. Der aktuelle Waldaufbau auf der Fläche ist dabei nicht berücksichtigt.

Beispiel: Baumarteneignung der Fichte im Rems-Murr-Kreis 2071 - 2100 bei angenommenem "RCP-Szenario 8,5"
Beispiel: Baumarteneignung der Fichte im Rems-Murr-Kreis 2071 - 2100 bei angenommenem "RCP-Szenario 8,5"

Geschichte der Waldschadensinventur

Ende der 1970er wurden - zunächst bei der Weißtanne - abnormale Nadelverluste festgestellt. Da sich diese so plötzlich einzustellen schienen, befürchtete man, dass die Weißtanne als Baumart aussterben könnte ("Tannen-Sterben"). Anfang der 1980er Jahre wurdenBesorgnis erregende Nadel- und Blattverluste auch an allen anderen Bäumen festgestellt. Das Szenario wurde zur apokalyptischen Vorstellung des "Waldsterbens" stilisiert.

Da die Schäden (bis zum Absterben ganzer Waldgebiete) am drastischsten in der Umgebung stark von Luftverschmutzung belasteter Industriezonen auftrat, suchte man zunächst in der Luftverschmutzung die Hauptursache. Die Diskussion führte zu politischen Schritten zur Luftreinhaltung, insbesondere zur Filterung und Reduktion von Schwefeldioxid und Stickoxiden, die man für die Bodenversauerung und damit indirekt für das "Waldsterben" verantwortlich machte ("Saurer Regen").

Als forstliche Umwelt-Monitoring-Maßnahme (Überwachung) wurde ab 1984 jährlich in Baden-Württemberg, bald darauf bundesweit, im Sommer eine "Waldschadensinventur" durchgeführt, deren Ergebnisse in einem Waldschadensbericht zusammengefasst wurden - später in Waldzustandsbericht umbenannt.

Dazu werden jährlich, teiweise in mehrjährigem Abstand, Untersuchungen durchgeführt. Dabei werden stets die selben Bäume in Raster-Stichproben (16x16, 8x8 und 4x4 km-Netz)  begutachtet.

Was wird untersucht?

Das Forstliche Umweltmonitoring in Baden-Württemberg umfasst viele verschiedene Themen und Messgrößen, die mit unterschiedlicher Intensität auf den Messnetzen untersucht werden. Hierzu zählen sowohl baumbezogene wie auch standörtliche Parameter, die zwischenzeitlich so gut miteinander vernetzt sind, dass themenübergreifende Auswertungen möglich sind.

Untersuchungsschwerpunkte im Einzelnen sind: der Kronenzustand, die Phänologie, der Zuwachs und die Ernährungssituation der Bäume sowie der Bodenzustand und die Bodenvegetation, der Wasser-, Nähr- und Schadstoffhaushalt sowie der Witterungsverlauf.

Der Aufbau des Forstlichen Umweltmonitorings gliedert sich systematisch in zwei Ebenen:

  1. Die erste Ebene bilden die extensiv untersuchten Rasterstichproben, die aufgrund des hohen Stichprobenumfangs und der streng systematischen Auswahl der Stichprobenpunkte repräsentative Ergebnisse für die Waldfläche Baden-Württembergs liefern.
  2. Die zweite Ebene bilden die Versuchsflächen, auf denen je nach Untersuchungsschwerpunkt eine große Anzahl von verschiedenen Untersuchungen durchgeführt wird.

Quelle: Auszüge aus dem Waldzustandsbericht 2016 (FVA BaWü)

Welche Maßnahmen wurden bisher ergriffen?

Als wichtigste und wirkungsvollste politische Gegenmaßnahme wurde Ende der 1990er Jahre eine konsequente Luftreinhaltepolitik betrieben (z.B. TA Luft).

Um der Versauerung der Böden Einhalt zu gebieten, wurden in Baden-Württemberg die am Stärksten betroffenen (versauerten) Waldstandorte mit dem Ziel der Stabilisierung der Böden einer Bodenschutzkalkung unterzogen.
Waldbaulich wurde im Rahmen der Naturnahen Waldwirtschaft das Ziel, stabile Mischbestände zu erziehen, verstärkt.

Weiterführende Infos

Exkurs: Waldkalkung

Die Bodenschutzkalkung im Wald ist ein Instrument zur Kompensation von externen Säureeinträgen, zur Rege­neration von Boden­funk­tionen und zum Erhalt bzw. zur Verbes­serung der Boden­frucht­bar­keit.

Wald­böden besitzen eine natürliche Puffer­kapazität gegenüber Säuren, die vom Ausgangs­gestein und der histo­rischen Ent­wick­lung der Böden abhängt. Durch den Eintrag des „sauren Regens“ sind die pH-Werte sehr niedrig. Das bedeutet, dass für das Waldwachstum wichtige Nährstoffe wie Calcium, Magnesium und Kalium großteils bereits verloren gegangen sind, und das Bodenmilieu sehr ungesund für Pflanzenwurzeln geworden ist. Auch viele Boden­tiere und Pilze vertragen zu große Säure­stärken nicht.
Die Böden sind nur über einen langen Zeit­raum von mehreren Jahr­zehnten bis Jahr­hunderten in der Lage, die ver­loren­gegangenen Eigenschaften aus „eigener Kraft“, d.h. durch die Verwitterungsvorgänge,wieder zu regenerieren, sodass die Standorte dauerhaft geschädigt bleiben bzw. dauerhaft in einen saureren Status übergegangen sind.

Seit 2010 zielt das in Baden-Württem­berg durch­geführte Kalkungs­programm auf eine lang­fristige Rege­neration der natürlichen chemischen Ausstattung der Wald­böden. Dieses auf den je­wei­ligen Wald­standort ab­gestimm­te Kalkungs­konzept zielt auf eine Wieder­annähe­rung des Bodens an einen vor- bzw. frühindustriellen chemischen Zustand.

(Quelle: FVA BaWü (Waldzustandsbericht 2020)