Köhlerwoche 2017 in Alfdorf-Pfahlbronn

Rückblick: Eine Geschichte in (mindestens) drei Akten

1. Akt: Der Vulkan von Pfahlbronn

 Nach jahrhundertealter Tradition wurde am 21. August bei Pfahlbronn ein Kohlemeiler aufgebaut, in dem Buchenholz zu Holzkohle verkohlt wird. Rund 15 Aktive und jede Menge Zaungäste hatten Spaß und Unterhaltung – bis der Pfahlbronner Vulkan schließlich sein erstes Aschewölkchen spie.

 

Strahlendblaues Bilderbuchwetter und ebensolche Laune ist in den Gesichtern der "Köhler vom Schwäbischen Wald" zu lesen, als die bis zu ein Meter langen Holzscheite Schicht für Schicht um die Richtstange drapiert werden. Bereits Monate zuvor waren die rund sieben Kubikmeter Holz von den Mitgliedern des 2012 gegründeten Köhlereivereins Schwäbischer Wald geschlagen und vorgetrocknet worden.


 "Es darf nicht zu nass, aber auch nicht zu trocken sein, denn das Holz soll ja kohlen und nicht verbrennen", weiß Prof. Dr. Manfred Krautter, der bereits 2010 erste Erfahrungen mit dieser ursprünglichen Art der Köhlerei gesammelt hatte und zu den Gründungsmitgliedern gehört.

 

Dass die Frauen und Männer dieses kleinen aber eingeschworenen Haufens ein mittlerweile eingespieltes Team sind, ist sofort zu spüren, denn jeder Handgriff sitzt. Erklärungen sind trotzdem fortwährend nötig, denn im Stundentakt schauen Vertreter der regionalen Presse vorbei und lassen sich das Procedere ausführlich erklären. Sind es anfangs einige wenige Zaungäste, spricht sich dieses Ereignis offenbar rasch herum und so ist Vereinsmitglied Reiner Katzmaier am Schluss fast permanenten mit Besucherführungen beschäftigt. Dass hier schon erfahrene Köhlerinnen und Köhler am Werk sind, merkt man nicht nur am Ergebnis, am Kohlenmeiler, der vor der Kulisse der Dreikaiserberge unaufhaltsam in den Himmel wächst. Es ist auch an den Erklärungstafeln und am komfortablen Übernachtungsquartier - einem umgebauten Bauwagen mit beschatteter Veranda - erkennbar. Und für die vielen willkommenen Zaungäste ist auch immer ein Plätzchen am großen Lagerfeuer frei, um die Neugier beim Schwätzle in lockerer Runde befriedigen zu können.

 

2. Akt: Eine Woche im Dreiviertel-Takt

Nach dem fulminanten Auftakt und vor der festlichen Ernte liegt eine ziemlich harte Woche vor den Hobby-Köhlerinnen und –köhlern: Im "Dreiviertel(stunden-)Takt" muss der Kohlenmeiler überwacht werden, damit er nicht zu wenig oder gar zu viel Luft bekommt. So richtig in den Walzertakt kommen die Köhler aber dennoch nicht, denn in der ersten Nacht ist eine ziemlich anstrengende Meilerkontrolle alle halbe Stunde angesagt. Dafür soll es in den Folgenächten angeblich mit einem Zwei-Stunden-Turnus ein kleines bisschen "gemütlicher" werden – zumindest in der Theorie! Im "Durchschnitt" tanzen die Köhler jedoch im Walzertakt auf ihrem kleinen Vulkan.

 

 Bei diesem Tanz bleiben natürlich kleine und größere Abenteuergeschichten nicht aus – ein Auszug:

Vom ersten auf den zweiten Tag schieben Reiner Katzmeier und René Schuppert Nachtwache. Gegen 5.00 Uhr früh ist wieder eine "Meiler-Beobachtung" angesagt. Reiner Katzmaier besteigt den Meiler um, wie üblich und notwendig, die Lösche nachzutreten, denn der Meiler schrumpft während des Brennvorgangs. Als Reiner gerade oben auf dem Meiler steht und versucht, die Lösche nachzutreten gibt es plötzlich eine "Explosion".

 

Zwar fliegt der Katzmaier Reiner nicht gleich in hohem Bogen durch die Köhlernacht, aber der Meiler "hustet" doch ziemlich vernehmlich. René, der die Detonation aus einiger Entfernung mitbekommt, meint später, der "Vulkan" habe sich um 30cm "gelupft". Reiner ist tief beeindruckt von diesem Ereignis und verlässt seine Arbeitsstelle darauf doch recht zügig. Damit nicht genug: Der Meiler detoniert in rascher Folge noch drei Mal.

 

Was war geschehen? Offensichtlich war die Hitze des entfachten Feuers so groß, dass viel Holz sehr heiss wurde und entgaste. Die Frischluftzufuhr war jedoch gedrosselt. Entweichendes Holzgas sammelte sich im Meiler an und verpuffte plötzlich als sich in der Löschedecke Risse bildeten, die eine Luftzufuhr ermöglichten. Dann kam es zur raschen Verpuffung - zum Schrecken aller Beteiligten.

 

In der zweiten Nacht sind Günther Lang und Manfred Krautter mit der nächtlichen Wache an der Reihe. Von Günters aufgeregtem Schrei "Der Meiler brennt" wurde Manfred geweckt. Was ist los? Während der Nacht, zwischen den Beobachtungszeiten, war durch den Schrumpfungsprozess die Lösche eingebrochen und der Meiler bekam Frischluft. Das heiße, trockene Buchenholz fing sofort Feuer und brennt nun lichterloh.

 

Trotz erstem Schreck lässt sich ein echter Köhler davon doch nicht ins Bockshorn jagen; selbst ist die Feuerwehr: Und tatsächlich gelingt es, dem Feuer mit vereinten Kräften und ein paar Schaufeln Lösche den Garaus zu machen. Der Meiler wird wieder abgedichtet und die jetzt erst recht wohl verdiente Nachtruhe kann störungsfrei fortgesetzt werden.

 

Solche aufregenden Geschehnisse ereignen sich meist am Anfang des Meilerbrands, wenn es viel frisches, gasreiches Holz und wenig Luftlöcher gibt, um ein Verbrennen des Buchenholzes zu vermeiden.

 

Später in der Woche entspannt sich die Lage dann meist, und die erwartungsvolle Stimmung steigt mit dem nahenden Tag der Kohlen-Ernte stetig an.

 

3. Akt: Ein Berg aus Diamanten

Erntetag ist am 27. August 2017, als der Kohlenmeiler des Köhlervereins Schwäbischer Wald e.V. "reif" ist zum Abbau. Hunderte von Fans, Nachbarn, Bürgern und interessierten Gästen strömen herbei.

 

 "Was hat Köhlerei mit Schmuck zu tun?" fragt Manfred Krautter, seines Zeichens Hobby-Köhler und im Hauptberuf gestandener Geologie-Professor, verschmitzt. "Auch unser schwarzer Schatz ist – wie die Diamanten -  aus reinem Kohlenstoff, zumindest chemisch also exakt dasselbe".

 

Nach einer langen Woche, in der der Kohlenmeiler rund um die Uhr bewacht wurde, ist es soweit: "Die Holzkohle dürfte nun fertig sein," ist Dominic Hafner überzeugt. "Es ist jedesmal wie Weihnachten," strahlt Manfred Krautter, "der nun schon auf seinen fünften erfolgreichen Köhlerei-Versuch zurückblicken kann. An diesem "Tag der Tage" darf, wie an Weihnachten, zuerst einmal ausgepackt werden. Im Falle des Kohlenmeilers bedeutet dies, dass die "Lösche", die den Meiler nach außen abdichtet, vorsichtig abgetragen werden muss. "Denn wir möchten ja keine Erde in der reinen Holzkohle", erklärt Arnold Sombrutzki, der den Meiler sechs Tage zuvor selbst entzündet hatte.

 

Der Moment ist gekommen, wo gestandene Männer plötzlich feuchte Augen bekommen. "Die Holzkohle ist diesmal so gut wie noch nie", freut sich Reiner Härer. "Die Ausbeute ist sagenhaft. Beinahe alles Holz ist sauber verkohlt, kaum etwas verbrannt."

 

Langsam mehrt sich die Zahl der Zuschauer, die die ganze Woche auf dieses Spektakel gewartet haben. Mehrere Hundert sollten es an diesem Tag noch werden. Autos werden auf der angrenzenden Wiese geparkt. Trotz des Trubels geht alles sehr geordnet zu.

 

Zunächst muss die Holzkohle auskühlen, bevor sie in Papiersäcke verpackt werden kann. Die geteerte Zufahrtsstraße eignet sich hervorragend für diesen Zweck. Um Mittag ist der Abbau geschafft. Und offenbar haben die Köhlerinnen und Köhler einen guten Draht zu Petrus, der just in diesem Moment einen veritablen Wolkenbruch schickt, um die Kohle rasch und vollständig zu löschen. Und jetzt kann die Arbeit vollendet werden: 200 Säcke zu je fünf Kilogramm werden verpackt; insgesamt also eine ganze Tonne.

 

Ausbeute der Wochen-Aktion sind insgesamt 200 Säcke bester Holzkohle. Aus knapp 8 Tonnen Buchenholz konnten also eine Tonne Holzkohle gewonnen werden.

 

Wie Kohlebergleute, schwarz vom Kohlestaub, aber mit glücklichen Gesichtern kann man an diesem Abend die Hobby-Köhlerinnen und Köhler noch zusammen sitzen sehen – mächtig stolz auf den Erfolg: auf ihre schwarzen Diamanten.


Bilderstrecke

Aufbau des Kohlenmeilers

Wie ging's weiter?


Infos

Weitere Informationen zur Köhlerwoche gibt es beim Köhlerverein Schwäbischer Wald e.V.
Tel.: 07181/83994, email: eudea@gmx.de 

und im Projektbericht zum Herunterladen:

Übrigens:   Dass der Großteil der in Deutschland gekauften Grillkohle aus Tropenholz sind, wissen die Wenigsten. Klicken Sie nebenstehenden Bericht von ZDF-Frontal21 vom 22. August 2017: