Waldwirtschaft ist der Umgang des Menschen mit der natürlichen Ressource Wald. Doch welche Ziele werden mit moderner Waldwirtschaft verfolgt?
Zielsetzungen
Merkmale eines vielfältigen, stabilen Mischwalds und damit Ziele der Waldwirtschaft sind:
Pflanz einen Baum,
und kannst du auch nicht ahnen,
wer einst in seinem Schatten tanzt.
Bedenke Mensch:
Es haben deine Ahnen,
eh' sie dich kannten,
auch für dich gepflanzt!
Max Bewer (1861 - 1921), dt. Schriftsteller
Sind all diese Erfordernisse erfüllt, so spricht man von naturnaher, multifunkionaler Waldwirtschaft.
Sie erfüllt alle wesentlichen Kriterien der Nachhaltigkeit.
Waldbau
Waldbau ist die aktive Steuerung des Waldwachstums, der Baumartenmischung und der Waldverjüngung durch den Menschen.
In einem ausschließlich der Natur überlassener Wald würde sich, abhängig vom Standort, zwar im Laufe der Jahrzehnte oder Jahrhunderte ein natürlicher Kreislauf aus Keimen, Wachsen und Absterben einstellen - somit, ein naturnaher und über die Jahrhunderte ein natürlicher Wald.
Die Nutzfunktion für den Menschen ist jedoch keine "Zielsetzung der Natur". Eine dauerhafte Stabilität des Waldes, die Holzqualität oder die Eignung für menschliche Erholung ist nicht automatisch mit natürlichen Prozessen vereinbar. So wäre ein Naturwald so dicht und für Menschen unbegehbar wie es der römische Schreiber Tacitus im 1. Jahrhundert n. Chr. einst über die Wälder Germaniens beschrieb: als „terra aut silvis horrida aut paludibus foeda“ – ein Land, bedeckt von schrecklichen Wäldern oder abscheulichen Sümpfen.
In einem Naturwald werden also nicht alle Ansprüche an einen nachhaltig bewirtschafteten Wald, nicht alle Waldfunktionen, erfüllt.
Im dicht besiedelten Deutschland verfolgt man die Strategie, die Erfüllung der Waldfunktionen auf der gleichen Fläche zu optimieren und nachhaltig zu gewährleisten. In dünn besiedelten Gebieten (Beispiel: Teile der USA, Kanadas, Australiens, Afrikas) werden oft Wirtschaftswald (oft als Plantagen / Monokulturen bewirtschaftet) und Naturschutzgebiete (Nationalparks) getrennt. Dies ist bei uns nur sehr eingeschränkt möglich und entspricht auch nicht dem allgemeinen Ziel größtmöglicher Naturnähe.
Informationsgrundlagen
Woher weiß der Förster, welches am Ort der "richtige Wald" ist?
Welche Baumarten sind in welcher Mischung und Struktur geeignet?
Man spricht nach dem Forstwissenschaftler Friedrich Wilhelm Leopold Pfeil (1783 - 1859) vom "Eisernen Gesetz des Örtlichen" (Berühmtestes Zitat Pfeils: " „Fragt die Bäume wie sie erzogen sein wollen, sie werden Euch besser darüber belehren als es die Bücher thun.“). Das "Gesetz des Örtlichen" bedeutet, dass die Einflussfaktoren, die auf das Ökosystem Wald wirken, sehr vielfältig und in ihrer Kombination abwechslungsreich sind (Boden, Klima, Wasserhaushalt, Konkurrenzverhältnisse, individuelle Waldgeschichte). Sie sind in ihrer Einzigartigkeit nur vor Ort gültig und daher nur in groben Zügen verallgemeinerbar. Deshalb ist die Umsetzung dieser zahlreichen Ansprüche an den Wald und die Berücksichtigung der vielen Einflussfaktoren die "hohe Kunst des Waldbaus", die eine gute Ausbildung, aber ebenso viel persönliche Erfahrung mit dem örtlichen Verhältnissen voraussetzt.
Gleichwohl hat der Förster zahlreiche Informationsquellen zur Verfügung, die ihn bei seiner waldbaulichen Entscheidung vor Ort unterstützen (linke Seite: Flächen-Informationen; rechte Seite: Punkt-Informationen):
Waldbau konkret
Waldbau am konkreten Standort bedeutet, vor Ort auf der Grundlage der Ergebnisse der Waldinventur die durch die Forsteinrichtung (Periodische forstliche Planung) festgelegten Ziele unter Berücksichtigung aller Informationsquellen (siehe oben) wirtschaftlich - also mit möglichst geringem Aufwand - umzusetzen.
Waldbauliche Steuerung bedeutet, über das Fällen von Bäumen nicht nur den Rohstoff Holz in bestmöglicher Qualität und Vielfalt zu ernten, sondern auch den Lichthaushalt (damit auch den Wasserhaushalt und bedingt den Nährstoffhaushalt) in einem Waldbestand so zu steuern, dass die Wuchsbedingungen für die erwünschten (naturnahen und standortsgerechten) Baumarten optimal sind. Waldbau ist somit eine zielgerichtete Steuerung der Wachstums- und Konkurrenzbedingungen zwischen Bäumen.
Hierzu gibt es für unterschiedlichste Baumartenzusammensetzungen (so genannte Waldentwicklungstypen) eine ganze Palette bewährter Verfahren. In einem Waldbau, der obige Bedingungen erfüllt, braucht kaum noch oder gar nicht mehr künstlich nachgepflanzt zu werden, da die nächste Waldgeneration durch Naturverjüngung erreicht wird.
Waldentwicklungstypen sind Waldbestände mit ähnlichem waldbaulichen Ausgangszustand und Zielsetzung.
Die Richtlinie beschreibt waldbauliche Behandlungs-programme von der Waldverjüngung über die Jungbestandspflege und die Durchforstung bis zur Holzernte.
Sie ist für den Staatswald verbindlich. Kommunale und private Waldbesitzer können sie ebenfalls anwenden. Sie enthält ein breites Angebot waldbaulich anerkannter sowie rechts- und zertifizierungskonformer Verfahren.
Voraussetzung für einen naturnahen Waldbau sind unabdingbar geregelte Wildbestände (siehe Jagd), um die gewünschte Baumartenmischung zu erreichen, denn Bäume sind eine natürliche Nahrung beispielsweise für Rehwild. Und diesem schmecken eben die seltenen (und daher forstlich oft wichtigen) Baumarten eben besser als die häufig vorkommenden.
Waldverjüngung
Naturverjüngung
Wald verjüngt sich durch Samenbildung und -Verbreitung schon immer natürlich. Die Zusammensetzung und Struktur des jungen Waldes hängt maßgeblich von
Natürlich verjüngte Wälder haben viele Vorteile:
Um die eigenen waldbaulichen Ziele zu erreichen, die nicht völlig mit vollständiger natürlicher Sukzession deckungsgleich sein müssen, muss der Waldbesitzer steuernd eingreifen, die Samenbäume frühzeitig fördern und die waldbauliche Verjüngungsmethode dem Ziel anpassen. Das kann im Tannen-Plenterwald Einzelbaum-weise Ernte, im Buchenwald Gruppen-/Femel-artige Eingriffe bedeuten. Sollen Eiche oder Kiefer natürlich verjüngt werden, kann auch eine raschere Räumung des Altholzes zweckmäßig sein.
(siehe oben: Waldentwicklungstypen)
Pflanzung
Die Naturverjüngung von Waldbeständen ist im Rahmen der naturnahen Waldwirtschaft, wo immer möglich, vorrangig. Dennoch gibt es Rahmenbedingungen, unter denen die Pflanzung aus waldbaulicher oder betrieblicher Zielsetzung sinnvoll ist:
Waldpflege
Ist der Wald einmal - durch Naturverjüngung oder Pflanzung verjüngt, könnte man doch einfach warten!
Der Wald wächst ja schließlich von alleine, oder nicht?
Mit Pflegeeingriffen, der Jungbestandspflege oder der Durchforstung, wird die Waldentwicklung dorthin gesteuert, wo der Waldbesitzer sie haben möchte. Im Idealfall ist das Ziel ein an den Standort angepasster Waldbestand, der wertvolles Holz liefert und alle vor Ort wichtigen Waldfunktionen berücksichtigt.
Ziele der Waldpflege können sein
Im einfachsten Fall eines Reinbestandes geht es, vereinfacht ausgedrückt, darum, die stabilsten und qualitativ besten Bäume (Zukunftsbäume oder Z-Bäume) zu fördern, in dem ihre stärksten Konkurrenten bei der Durchforstung entfernt werden. Erfolgt dies aber zu früh und zu schnell, werden die Äste stark. Dies ist zwar für den Zuwachs vorteilhaft, da die Krone ja der Wachstumsmotor des Baumes ist, andererseits sind starke Äste ein Qualitätsnachteil am Holzmarkt.
In waldbaulich anspruchsvolleren, aber stabileren Mischbeständen geht es auch um eine so genannte "Mischwuchsregulierung", also eine Steuerung des Waldwachstums in Kenntnis der Konkurrenzbeziehungen von Baumarten sowohl innerhalb als auch zwischen den Arten. (Näheres siehe "Waldentwicklungstypen")