Zu einer Besichtigung ihres Sägewerks hatte die Firma Säge- und Hobelwerk Bay in Großerlach-Mannenweiler die Schutzgemeinschaft Deutscher Wald - Kreisverband Rems-Murr eingeladen. 25 Interessierte ließen sich von den Betriebsinhabern die Produktionsabläufe erklären.
Es muss ein spektakuläres Ereignis gewesen sein, als zwölf Pferde die Rakete schwer schnaufend und schwitzend aus dem Murrtal die steile Steinberger Steige hinauf auf den Berg nach Mannenweiler gezerrt und gezogen haben.
Nein, es waren vermutlich keine Pferde sondern eher schwere, kräftige Lastochsen und - ja, es war auch keine Rakete, aber für damalige Zeiten nichts minder Spektakuläres: Ein Lokomobil.
Carl Bay, der Gründer des Sägewerks Bay, hatte es sich im Jahre 1898 in den Kopf gesetzt, sein Sägegatter nicht, wie üblich, unten im Tal mit Wasserkraft zu betreiben, sondern er wollte das als weit und breit einziger oben auf dem Berg machen, dort wo das beste Holz rundherum verfügbar war. Deshalb wählte er die High Tech seiner Zeit und das war eine Dampfmaschine. Der Visionär seiner Zeit vollendete sein Werk, konnte es aber nicht lange genießen, da er wenige Jahre später an einer Lungenentzündung verstarb. Die alte Dampfmaschine steht jetzt vielleicht in irgendeinem Museum, denn 1956 wurde auf elektrischen Antrieb umgestellt.
"Heute betreiben wir das Sägewerk bereits in 4. Generation und mit insgesamt 13 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern," erklärt Hermann Bay, heute mit seinem Bruder Albrecht Firmeninhaber, nicht ohne Stolz. Und der Stolz ist nicht unberechtigt, wurde und wird im Sägewerk doch laufend investiert. Und mit Miriam Bay und ihrem Cousin Matthias steht die 5. Generation im Betrieb bereits in Mitverantwortung.
Miriam Bay lädt die gespannte Schar ein, sie auf einem Rundgang durch das Werk zu begleiten: "Wir folgen dem Weg des Holzes!"
"Wir kaufen Nadelholz, vor allem Fichte und Tanne und etwas Kiefer, in erster Linie vor Ort im Schwäbischen Wald. " erklärt Hermann Bay. Nur bei der Douglasie wird der Einkaufsradius auch mal auf 50 Kilometer Luftlinie ausgedehnt, bis in den Schwarzwald oder auch mal den Odenwald. Diese macht rund ein Fünftel des eingeschnittenen Holzes aus. "Daraus werden zum Beispiel Terrassenbretter, da die Douglasie praktisch keinen Holzschutz braucht und im Außenbereich so haltbar wie die teurere Lärche ist."
Nach der Anlieferung wird das Holz mit einem mobilen Kran auf dem Sortierplatz in Sortierboxen zu homogenen Verarbeitungseinheiten zusammengefasst. Die Wurzelanläufe der starken Stämme werden dann, wie mit einem riesigen Bleistiftspitzer abgerundet, "damit alle Stämme problemlos durch das Sägegatter passen. Dann werden die Stämme maschinell entrindet. Dann sind sie vorbereitet für das Einsägen.
"Der ganze Sägevorgang wird alleine durch zwei Mitarbeiter gesteuert", weiß Miriam Bay. Der Weg zur Einteilstation, dem Herz des Sägewerks, führt durch den Schärfraum, in dem in Reih und Glied die langen Gattersägen, die großen Kreissägeblätter und die Messer für den Hacker der Hackschnitzel geschärft werden; erster durch eine Schärfmaschine, letztere durch Spezialbetriebe.
In der Einteilstation flimmern eine ganze Reihe von Monitoren. "Unser Mitarbeiter in der Einteilstation hat damit den Überblick über jeden Vorgang und kann bei Störungen entsprechend rasch reagieren." Seine Hauptaufgabe ist aber, die Stämme so durch das auf und ab hämmernde Sägegatter zu dirigieren, dass die Ausbeute an Brettern und Kanthölzern optimal ist. Hier werden von den Stämmen die Seitenbretter weggesägt und der wertvolle Mittelstamm gleichzeitig in 2 Teile gesägt, Mit einem Krachen fallen die beiden Stammstücke auseinander. Dann werden sie in einem zweiten Arbeitsschritt "besäumt", das bedeutet, dass die noch verbleibende runde Außenseite weggesägt wird. Das Kantholz, also das Mittelteil, hat dann entweder bereits die Maße, die der Zimmermann etwa für einen Dachstuhl benötigt, oder es wird, je nach Nachfrage, zu dicken Dielen oder dünneren Brettern gesägt. Diese werden zum Großteil an regionale Zimmereien, Holzhändler, Paletten- und Kistenbauer, aber auch schon mal direkt an Heimwerker verkauft.
Bretter werden auf die Standardmaße zugeschnitten und automatisch zu großen Brettstapeln aufgeschichtet. In einer der vier Trocknungsanlagen wird die Holzfeuchte so weit heruntergetrocknet, dass das Holz nicht mehr anfällig gegen Pilzbefall und damit verarbeitbar ist. Auf Kundenwunsch werden Balken und Bretter im angegliederten Hobelwerk weiterveredelt.
Wer nun glaubt, er habe den Sägebetrieb jetzt durchdrungen, der wird durch Hermann Bay eines Besseren belehrt: "Wir produzieren auch unseren Strom selbst", erklärt er, "zum einen über vier leistungsfähige Photovoltaikanlagen auf dem Dach". Dieser Strom wird zu einem Großteil selbst verbraucht. Und was an Strom fehlt, wird in einem eigenen Holzpellet-befeuerten Blockheizkraftwerk produziert. Die Wärme nutzen wir direkt zur Holztrocknung.
Überhaupt wird Nachhaltigkeit groß geschrieben. "Bei uns gibt es keinen Abfall. Sägemehl und anfallende Hackschnitzel werden verkauft und zu verschiedensten Produkten wie etwa Spanplatten verarbeitet. Rinde wird kompostiert oder als Brennstoff in Spezialheizkesseln weiterverkauft."
Um die exorbitant hohen Gebäudeversicherungsprämien des Sägewerks zu senken wurde im vergangenen Jahr viel Geld in eine Sprinkleranlage investiert, die automatisch anspringt, wenn die Temperatur an einem bestimmten Ort einen Toleranzwert überschreitet. "Um die Sprinkleranlagen im Notfall mit Wasser zu versorgen, brauchten wir natürlich auch eine Wasserreservoir und eine aufwändige Pumpeinrichtung", weiß Albrecht Bay, der zur Besichtigungsgruppe gestoßen ist. Das ringförmig um die Pumpstation angeordnete Reservoir ist von beeindruckender Größe und unter einem Nebengebäude "versteckt".
Manch einer mag sich spätestens an dieser Stelle gefragt haben, wie sich ein mittelständischer Betrieb bei diesen Aufwendungen gegen die Großsägewerke in der Nachbarschaft überhaupt behaupten kann?
Bei der Einladung zum abschließenden Kaffee mit von Sabine Bay selbst gebackenem, leckerem Hefezopf ist das Geheimnis gelüftet: Jede/r kennt den Betrieb ganz genau und alle packen überall
mit an.
Die Familie macht's - der "Tradition verpflichtet"!