Die SDW-Serie "Mit dem Förster im Wald" führte in diesem Jahr in den südwestlichsten Zipfel des Rems-Murr-Kreises ins kommunale Forstrevier Fellbach-Kernen im Vorderen Schurwald. Hier wirkt seit 30 Jahren Stefan Baranek als Revierleiter. Leicht konnte man darum den Eindruck gewinnen, dass er jeden seiner Bäume persönlich kennt.
Nach einem langen heißen Sommer schien jener Samstag der erste richtige Herbsttag zu sein - Nieselregen, Wind und ein deutlicher Temperaturabfall. Das tat der Freude, unter kundiger Führung raus in den Wald zu kommen, aber keinen Abbruch, da alle Teilnehmer/innen wetterfest gekleidet waren.
Der weite Blick nach Norden über die Stadt Fellbach eröffnete den Spaziergang durch das Natur- und Landschaftsschutzgebiet Kappelberg, das die Meisten eher vom "Kappelberg-Straßentunnel" von Fellbach nach Stuttgart her kennen, der viele Meter unter der Route des heutigen Waldspaziergangs liegt.
Tim und Tom, die beiden Zwillinge, hatten von Beginn an einen Narren an des Försters freundlichem Jagdhund gefressen, und so durften sie ihn fortan per Leine durch den Wald führen. Oder war es manchmal eher umgekehrt?
Währenddessen erfuhren die erwachsenen Teilnehmer den Grund, warum sie hier auf einem betonierten Sträßle laufen, ungewöhnlich für einen Waldweg. Der Blick auf die Karte zeigt, dass der Kappelberg sich wie eine hoch herhobene Landzunge nach Stuttgart hin erstreckt, umgeben von Weinbergen. "So nutzen auch die Winzer diesen Weg sehr intensiv", lüftet Stefan Baranek das Geheimnis.
"Der Stadtwald Fellbach ist "nur" rund 600 Hektar groß." verrät der Förster, "Andere Kollegen haben zum Teil doppelt so viel Fläche zu betreuen". Man dürfe aber nicht Waldfläche
mit Waldfläche vergleichen, da jeder Wald andere Funktionen habe. Neben der Nutzfunktion, zum Beispiel in Form von Stammholz für Häuser oder Möbel, gebe es die Schutzfunktion (Naturschutz,
Bodenschutz, Wasserschutz), die Erholungsfunktion und die Bildungsfunktion. "In meinem Revier dominieren die Erholungsfunktion und die Naturschutzfunktion," so der Förster. Wenn man
die direkte Nähe zu Stuttgart, Bad Cannstatt, Fellbach und Waiblingen bedenkt, ist dieses Erklärung gut verständlich, lieben doch auch die Städter ihren Wald und nutzen ihn zum Radfahren, Joggen,
Wandern und vielem mehr. "Hier im Erholungswald der höchsten Stufe gilt es unter anderem auch, die Sicherheit der Waldbesucher zu gewährleisten. "
Im Waldesinneren ist jeder für
sich selbst verantwortlich, etwa bei Gefahr durch herabfallende Äste. "Aber entlang ausgewiesener Wanderwege müssen wir regelmäßig jeden einzelnen Baum auf seinen Gesundheitszustand und seine
"Verkehrssicherheit" überprüfen". Eine aufwändige Angelegenheit.
Nach der nächsten Wegbiegung öffnet sich die Landschaft und gibt einen wahrlich spektakulären Blick auf das Neckartal frei.
Rechts ist Bad Cannstatt zu sehen, ganz im Hintergrund der Fernsehturm, das Stuttgarter Wahrzeichen.
"Und vor uns sehen wir den Hügel, der unserem Landesteil den Namen gegeben hat, den Württemberg" macht Stefan Baranek einen geschichtlichen Abstecher. Dort wurde zwischen 1820 und 1824 die berühmte Grabkapelle für Katharina Pawlowna (1788–1819) errichtet, der zweiten Frau König Wilhelms I. von Württemberg.
Eine halbe Körperdrehung weiter wartet schon das nächste Thema: Eine Wiese unter mehreren uralten Eichen. "Dieser Waldteil wurde früher als Hutewald bewirtschaftet. Unter den Eichen wurde Heu für das Vieh gewonnen und später auch Ziegen geweidet. Da diese Beweidung zu einer Verarmung der Standorte geführt hat, konnten sich im Laufe der Zeit an diesem sonnigen Südhang seltene Pflanzen und Tierarten ansiedeln - sicherlich einer der Gründe, warum der Kappelberg auch Naturschutzgebiet ist.
Wieder im Wald zurück, erreicht die Gruppe eine zentrale Wegekreuzung - von oben einem Spinnennetz ähnelnd.
Stolz präsentiert der Revierleiter seine von ihm selbst entworfene unkonventionelle Ruhebank. "Ich freue mich jedesmal, wenn sich Kinder und erwachsene hier an die alte Buche gelehnt ausruhen und diesen Wald in seiner Schönheit genießen."
Und dann erwartert Groß und Klein ein Feuerwerk waldpädagogischer "Zaubertricks": "Was ist das?" frägt der Revierförster und hält einen Zapfen hoch. "Ein Tannenzapfen"
schallt es aus den Mündern von Tim und Tom. "Und das hier?" und er zeigt einen sehr viel kleineren Zapfen. "Ein Tannenzapfen" ruft das Duo auf's Neue. "Wenn aber das ein
Tannenzapfen ist und dieses auch, kann aber etwas nicht stimmen, oder?" Die Zwillinge nicken verständnisvoll. Und dann erklärt er den verblüfften Zuschauern, dass man am Boden gar keine
Tannenzapfen finden kann, da sich die Zapfenschuppen der Weißtanne bereits weit oben im Baumwipfel auflösen, die Schuppen und Samen einzeln herunterfallen und nur eine dünne "Spindel" oben übrig
bleibt.
"Dies hier sind Fichten- (der größere) und Kiefernzapfen (der kleinere). Diese hingegen fallen als Ganzes zu Boden. Nach dem Trocknen der Zapfen öffenen sie sich und die Samen können
herausfallen, aus denen wieder neue Bäume wachsen."
Noch ein Ratespiel: Förster Baranek holt aus seiner tiefen Jackentasche einen weiteren verborgenen Gegenstand und gibt ihn den Kindern in die Hand:
"Und was ist das? Aber nur fühlen und raten, nicht nachschauen!" Ganz schön schwierig, so eine scheinbar einfache Aufgabe.
Groß ist das Gelächter, als das Geheimnis gelüftet wird: Es ist der getrocknete Rüssel eines Wildschweins!
Und der wird von Tim und Tom natürlich sofort zur eigenen Maskerade ausprobiert.
So vergeht die Zeit wie im Flug. Die wenigen Regenspritzer wie auch die Kühle werden gar nicht mehr wahrgenommen. So beschäftigt schaffen es die Waldgänger denn auch nicht mehr bis zum geplanten Endpunkt des Spaziergangs, dem Kernerturm.
Oder war das etwa Absicht von Förster Baranek, um die Teilnehmer/innen dieser Waldführung bald wieder einmal zu einem Waldspaziergang in seinen wunderschönen Kappelbergwald zu locken?