Stürme - Hitze - Dürre: Die Fichte, der "Brotbaum" der Forstwirtschaft über Jahrhunderte erweist sich als zunehmend labile Baumart, dem Stress durch den Klimawandel nicht gewachsen.
Förster Hubert Lechleitner und seine Kollegin Tamara Köngeter treibt dieses Problem um und sie suchen nach Lösungen, die sie auf diesem kurzweiligen Waldspaziergang durch sein Revier
vorstellen.
Viele Waldbestände im Schwäbischen Wald zeichnen sich durch Baumartenvielfalt aus.
Es gibt aber auch Monokulturen, also Wälder, die nur aus einer Baumart bestehen. Und solche Fichtenreinbestände sind es, die Lechleitner Sorgen machen, denn wenn der Sturm die flachwurzelnde Fichte einmal geschädigt und geschwächt hat, lässt der Borkenkäfer nicht lange auf sich warten, denn gestresste Fichtenbestände sind ein Leckerbissen für ihn.
Auf der Baumartenkarte (rechts) erkennt man diese Fichtenwälder an der grauen Farbe.
Aber wie kam es zu diesen flächenhaften Reinbeständen? "Ein Blick in die Waldgeschichte hilft hier weiter", erklärt er, "denn diese Wälder auf dem Bergrücken zwischen Wieslauftal und Strümpfelbachtal wurden nach dem 2. Weltkrieg kahlgeschlagen; das waren die so genannten 'Franzosenhiebe', also Reparationshiebe, die als Entschädigung für den deutschen Angriffskrieg von der Siegermacht Frankreich verlangt wurden." Diese großen Kahlflächen mussten danach rasch wieder aufgeforstet werden. "Und damals machte man das mit der Fichte", ergänzt Försterin Tamara Köngeter, da dies einfach und schnell ging, die Pflanzen rasch nachgezogen werden könnten und wertvolles Bauholz zu liefern versprachen.
Das erste Waldbild zeigt solche Bestände, heute rund 70jährig und recht gut gepflegt und duchforstet, eine Voraussetzung für stabile Bestände.
Mit geschlossenen, gepflegten Fichtenbeständen könne man noch eine Weile weiterwirtschaften, denn diese liefern nach wie vor gefragtes Bauholz.
"Aber durch Sturm und dem nachfolgenden Käferbefall, die immer wieder in kleinen "Nestern" auftreten, wird die Waldbewirtschafung sehr teuer. Es sind viele Wege zurückzulegen und Holzkäufer schätzen es nicht, Kleinmengen zu kaufen und im Wald zusammensuchen zu müssen.
Anhand von Baumarteneignungskarten zeigt Tamara Köngeter dem Waldbesitzer Matthias Fritz, der selbst ähnlich aufgebaute Bestände besitzt, das die Fichte mittelfristig im Schwäbischen Wald kaum noch eine Chance hat.
Die Baumarteneignungskarten wurden von der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt für die Hauptbaumarten unter Annahme verschiedener Klimaszenarien als Prognose-Instrumente entwickelt, um Waldbesitzenden Hilfestellung zu geben, in welche Richtung sie ihre Wälder künftig entwickeln sollten und in welche nicht.
Bei mehreren Grad Erwärmung der Durchschnittstemperatur kann sich die Fichte gegen Ende dieses Jahrhunderts bestenfalls in Keuperklingen und Talauen halten. Auf den meisten anderen Flächen ist sie auf der Eignungkarte rot dargestellt; das bedeutet "ungeeignet".
"Aus diesen Gründen haben wir uns in Welzheim entschlossen, in Fichtenreinbeständen jährlich kleine Kahlschläge in Kauf zu nehmen, um diese Flächen dann mit stabilen Mischbaumarten aufzuforsten," fasst Lechleitner zusammen. So bekommen wir über die Zeit auf der Fläche einen vielfältigen, stabilen Mischwald, wo einst Fichtenreinbestände gewachsen sind.
Ein paar hundert Meter bergauf stellen die Förster das Ergebnis vor. Auf einer geräumten Fläche wurde die Eiche in Mischung mit anderen Laubbaumarten gepflanzt und mit Wuchshüllen gegen Unkrautkonkurrenz geschützt. "In den Wuchshüllen ist das Höhenwachstum etwas 10 - 20% höher als ohne,"weiß der Förster. Vor allem aber kann die so genannte Kultursicherung, also das Zurückdrängen der Konkurrenzflora auf die Pflanzreihen beschränkt bleiben. Dadurch sparen wir Arbeitskosten und ermöglichen zudem eine höhere biologische Vielfalt, die vielen Insekten und ausserdem dem Kleinklima zugute kommt, denn auf solchen Flächen wird es nicht so heiß wie auf blankem Boden.
Es entspinnt sich eine interessante Diskussion, ob man nicht besser zuwarten sollte, welche Baumarten sich von Natur aus auf den Freiflächen einstellen. Zum einen sei das eine Frage der Zeit und der Geduld des Waldbesitzers, denn früher oder später stelle sich Naturverjüngung ein. "Allerdings würden wir durch dieses Verfahren die als klimastabil angesehene Eiche nicht in unsere Wälder bekommen", wissen die beiden Förster, denn die Eiche brauche viel Licht und Unterstützung, um sich gegen Schattbaumarten wie die Tanne oder Buche behaupten zu können.
Ein Stück Weg weiter liegt rechter Hand eine ähnliche Kulturfläche, diesmal aber mit Edellaubhölzern wie der wärmeliebenden Elsbeere oder der Kirsche, letztere mit beeindruckendem Jugendwachstum.
An einem Nordosthang hat man sich dafür entschieden, auch Nadelholz in den zukünftigen Bestand zu mischen. "Hier haben wir Douglasien gepflanzt, die noch raschwüchsiger sind als Fichten und Trockenheit besser aushalten können. Vor allem aber kann ihnen der Fichtenborkenkäfer nicht schaden," weiß der Revierförster.
Tamara Köngeter erklärt, dass diese Aufforstung durch Spenden in Kooperation mit der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald finanziert worden sind. "900 Bäume konnten damals dank der Spende hier aufgeforstet werden.
Gleich einem Symbol für die Probleme, der Baumart Fichte hinsichtlich ihrer Stabilität, liegt auf dem Rückweg ein flachwurzelndes Exemplar neben der Rückegasse.
"Es gibt viele Wege, die man testen kann um Fichtenreinbestände in vielfältige Mischbestände umzuwandeln. So sind auch schon Buchen-Vorbauten, also Buchen-Pflanzungen in lichte Fichtenbaumhölzer, versucht worden," blickt Revieförster Hubert Lechleitner auf 35 Jahre Erfahrung in seinem Revier zurück.
Wichtig, so sein Fazit, sei es, dass aktiv auf vielfältige, klimastabile Wälder hinarbeitet werde. Abzuwarten, bis Fichten-Monokulturen vor unseren Augen untergehen, sei mit Sicherheit der falsche Weg.