Waldwirtschaft zwischen Waldkauz und Fledermaus

"Mit dem Förster im Wald": Andreas Münz / Buocher Höhe

Auf einen Waldspaziergang im Erholungsraum Winnenden / Waiblingen auf die Buocher Höhe nimmt Förster Andreas Münz die Teilnehmer/innen des SDW-Waldspaziergangs "Mit dem Förster im Wald". 
Wie betreibt man
erfolgreich Waldwirtschaft im Spannungsfeld unterschiedlicher Interessen? Erholungswald. Holzproduktion. Wasser- und Bodenschutz. Wie kriegt man Fledermausschutz mit Waldwirtschaft unter einen Hut? Und was hat es mit dem neugierigen Waldkauzpärchen auf sich?

Eine kunterbunte Karte legt der langjährige Leiter des  Forstreviers Buocher Höhe zwischen Winnenden und Korb Andreas Münz auf die Motorhaube seines Wagens. Alle dürfen raten, welche Farben wohl die dominierenden seien? Vorn liegt flächenmäßig die Buche in grünen Farben, gefolgt von Eichen- über Kiefer- und Douglasien bis zu den grauen Fichtenbeständen. "Dabei wird mit der Farbgebung nur die dominierende Baumart angegeben. Tatsächlich sind praktisch alles Mischbestände, in denen wir einen möglichst naturnahen Wald nachahmen," so Andreas Münz.

Da grau nicht nur der Fichtenbestand, sondern auch alle Theorie ist, geht es nun sanft bergan. Immer wieder wird die Gruppe von Mountainbiker - einzeln und in Gruppen überholt. Etwa 30 Meter neben dem Fahrweg haben die Kommunen extra für Mountainbiker, die gerne mal durch den Wald fahren möchten, ein attraktives Angebot geschaffen, zwischenzeitlich von einem Mountainbike-Verein betreut. "Damit wollen wir diese Sportart unterstützen; gleichzeitig aber verhindern, dass auf eigene Faust querbeet durch den Wald gefahren wird, denn das stört Wildtiere und eher die Ruhe suchende Waldgenießer. "

Immer wieder gibt es Baumarten zu erraten, auf die auch ein kenntnisreicher Waldbesucher nicht unbedingt gleich kommt: Da steht am Wegrand eher unscheinbar eine Elsbeere mit einer schuppigen Rinde, entfernt einer Eiche ähnelnd,  deren Blatt mit einem kleinen Ahornblatt vergleichbar ist. "Eine seltene Baumart, da diese sich gegenüber den Hauptbaumarten nur sehr schwer durchsetzen kann, die wir aber als klimatolerante Mischbaumart gerne sehen."

Ein paar Meter weiter wieder ein Baum mit durchaus ähnlichen Blättern, nur viel größer, so eine Mischung zwischen Bergahorn und Eichenblatt. Nach einigem Rätselraten lüftet der Revierleiter das Geheimnis: "Das ist eine Roteiche, eine ursprünglich amerikanische Baumart, die bereits zu Anfang des 18. Jahrhunderts wegen ihrer attraktiven Rotfärbung im Herbst als Parkbaum angebaut worden ist, später wurde es mit ihr auch im Wald versucht.

Münz bückt sich und pflückt ein kleines Pflänzchen, das aus der Ferne wie ein Kleeblatt aussieht. Bei näherem Hinsehen, zeigen sich aber zwei große "Elefantenohren".

Das ist ein ganz junger Buchensämling, der etwa vor 14 Tagen zu keimen begonnen hat. Und, wenn er es schafft, wird er eines tages ein über 30 Meter hoher Baum, der viele unserer Wälder in Mitteleuropa beherrscht.


Waldrefugien, in denen Natur Natur sein darf, stehendes und liegendes Totholz - wichtige Lebensräume für unzählige Vögel, Käfer, Pilze, Moose und andere Lebewesen.

Der Winnender Oberbürgermeister und Waldfreund Hartmut Holzwarth staunt über ein Prachtexemplar von Douglasie aus dem letzten Jahrtausend
Der Winnender Oberbürgermeister und Waldfreund Hartmut Holzwarth staunt über ein Prachtexemplar von Douglasie aus dem letzten Jahrtausend

Kurz darauf tauchen wir in einen Wald mit alleine fünf verschiedenen Nadelbaumarten und einigen Laubbaumarten ein. "Diese Fläche war eine sich vollkommen selbst überlassene Fläche, auf der sich eine große Vielfalt durch Naturverjüngung eingestellt hat," damit überrascht der Förster sogar Fachkundige im Publikum. "und erst jetzt fördern wir die vitalsten Bäume durch einen ersten Eingriff. Münz plädiert für die natürliche Verjüngung, denn "bei natürlicher Keimung kann sich die Baumwurzel am ungestört und an den Standort angepasst, entwickeln. Bei gepflanzten Bäumen wird die Wurzel oft beschnitten, was für die Wurzelentwicklung nachteilig sein kann."

Ein weiterer Umstand, der besonders die selteneren Baumarten im Wachstum behindert, ist das Rehwild, denn diese Feinschmecker suchen sich gezielt die Leckerbissen heraus. "Und das sind die Bäume, die wir für die nächste Waldgeneration dringend brauchen." Jagd ist also auch ein wichtiges Stück Waldschutz.

Unvermittelt tun sich zwei riesige Mulden auf, die manches Fragezeichen in den Gesichtern der Teilnehmer/innen hinterlässt. Auch hier kann Andreas Münz weiterhelfen. "Hier wurde in den vergangenen Jahrhunderten der so genannte "Stubensand" abgebaut, der dazu benutzt wurde, die Dielenböden der heimischen Wohnstuben zu scheuern. Und hiervon leitet sich auch der Name der geologischen Keuperformation "Stubensandstein" ab.

Wenige Meter weiter die nächste "Überraschung": Mitten im Wald tut sich ein tiefes Loch auf, das zudem mit schweren Gitterstäben abgedeckt wurde. Hier kann sich der Förster aber selbst nicht erklären, wie diese Höhle entstanden ist. Denn im Unterschied zu den zahlreichen Keuper"grotten",  ist dieses Loch offenbar nicht durch Hangerosion entstanden. "Jedenfalls wurde das Loch dann mit einem Gitter gesichert, das einerseits die Unfallgefahr mindern soll, vor allem aber dafür sorgt, dass die Fledermäuse einen ungestörten Unterschlupf finden.


Es ist dem langjährigen Revierförster förmlich anzumerken, dass hier sein Herz besonders laut schlägt. Artenschutz ist ihm ein Herzensanliegen. Man blickt in leuchtende Augen als er die Geschichte von dem Waldkauzpärchen erzählt, die immer neugierig aus eine Baumhöhle lugen und sich aber flugs darin verstecken, wenn ein allzu forscher Waldbesucher naht. Auch wenn wir das nicht selbst gesehen haben, das Bild brennt sich im Gedächtnis ein.

Zum Abschluss überrascht Andreas Münz die Waldbesuchergruppe mit dem letzten Highlight dieses wahrlich kurzweiligen Waldspaziergangs: einem abendlich-herrlichen Blick von der Buocher Höhe hinunter auf die Gemeinde Korb und weit ins Land hinein. Im Hintergrund könnte man bei genauem Hinsehen sogar ein Stuttgarter Wahrzeichen, den Fernsehturm, erkennen.