Frühlingsrunde am Ebnisee

SDW-Single Trail 2025 - Waldwanderung für Singles

Man stelle sich einen Bilderbuch-Frühlingstag vor mit blauem Himmel, angenehmer Temperatur und einem Frühlingswald, der es sichtlich nicht erwarten kann, bald in einem grünen Feuerwerk zu "explodieren".

Gut gelaunt durch den Frühlingswald
Foto: Evelyn Klepzig

Am Treffpunkt Ebnisee-Parkplatz ist an diesem Morgen doch schon einiges los und der Lärmpegel der an- und durchfahrenden Fahrzeuge schon recht hoch.

Um wieviel schöner nimmt sich die Einstimmung auf den Wald aus, als alle "Single Trailer" die Aufgabe bekommen, die Augen zu schließen und sich eine Minute ganz auf ihren Gehörsinn zu verlassen. Zwar sind die Straßengeräusche auch hier oben am Westeinhang zum Ebnisee immer noch zu hören, werden aber von einem vielstimmigen Vogelkonzert übertönt, das manche/r so bisher nochgar nicht wahrgenommen hatte.

Ein Stück des Wegs steht der Stumpf einer abgebrochenen starken Fichte. Warum ist dieser mächtige Baum wohl einem Sturm zum Opfer gefallen?

Das Rätsel ist leicht zu lösen, wenn man um den Baumstumpf herumgeht, von wo sich das Geheimnis offenbart: Diese Fichte ist innen vollkommen faul und war damit äußerst instabil geworden: "Kriminalfall Fichte gelöst!"

Diese Beobachtung löst eine rege Diskussion aus, wie es denn um die Verkehrssicherungspflicht des Waldbesitzers stehe. Wer sei denn wohl "schuld", wenn einem Waldwanderer etwa ein Zapfen oder gar Ast auf den Kopf fällt. "Mitten im Wald fällt das unter allgemeine Gefahren, denen sich jeder Waldbesucher in der Natur auf eigenes Risiko aussetzt", erklärt der Wanderführer Dr. Gerhard Strobel. Anders verhalte es sich, wenn Waldorte ausdrücklich der Erholung gewidmet würden, wie zum Beispiel ein Spielplatz. Hier trägt der Waldbesitzer oder ersatzweise der Spielplatzbetreiber die Haftung.

Ost-Ebnisee-Rundwanderung
Karte: Q-Vadis

Anfangs verläuft die Wanderung eher im "Stop-and-Go", da es im Wald einfach so vieles zu entdecken gibt: "Der Wald ist ein offenes Buch und wir sollten darin lesen lernen!" wirbt Strobel. Jetzt Mitte April fangen schon viele Bäume an auszutreiben. Das sieht man am frischen Grün, das zunächst in Bodennähe austreibt. "Im Laufe der nächsten Wochen wird der "Grüne Gürtel" sich immer höher schrauben bis zuletzt auch die höchsten Buchen Anfang Mai eine belaubte Krone bekommen." Der Wanderführer zupft vorsichtig die Knospenschupen einer Buche auseinander: Ein "kleines Wunder" kommt zum Vorschein - das fertige kleine grüne Blatt, das in dieser Knospe überwintert hat und nun auf den perfekten Zeitpunkt für ihren Austrieb wartet.

Ein weiterer Halt gilt der typischen Geologie im Naturpark Schwäbisch-Fränkischer Wald, der so genannten "Keuper"-Formation: "Die Hochebene um Welzheim und Kaisersbach wird durch die Gesteinsschicht des Schwarzen Jura (Lias) gebildet." Das sind oft gelbliche, harte, feinkörnige Sandsteine (wegen ihrer häufig anzutreffenden Form im Volksmund auch "Buchsteine" genannt). Unter dem Lias steht eine mächtige wasserundurchlässige Tonschicht an, der Knollenmergel, erkennbar an der hügeligen Bodenobefläche und immer wieder zutage tretender Quellen. Der Knollenmergel wird bei Nässe weich und kann dann sehr leicht ins Rutschen geraten (wovon viele Straßenschäden im Schwäbischen Wald nach Nässeperioden herrühren). Darum wird diese Tonschicht - in geologischen Zeiträumen - schneller erodiert als der harte Lias darüber. Wenn die Lias-Schicht dann überhängt, bricht sie immer wieder nach; so entsteht die typische schroffe "Lias-Kante" im Gelände.

Königseiche
Foto: Dr. G. Strobel

Nachdem die Hochebene erklommen ist, führt der "Single Trail" vorbei an der "Königseiche", einer bekannten Landmarke, die auf eine Eichenpflanzung im Jahr 1841 zum 25. Thronjubiläum des württembergischen Königs Wilhelm I. zurückgeht. Danach schwenkt der Wanderweg auf den überregionalen "Limes-Weg" ein, auf dem sich die (rekonstruierten) Zeugen römischen Einflusses wie Perlen an einer Schnur reihen. Genug Stoff für eine eigene Themenwanderung.

Eine ganze Weile führt der Weg so auf der Hochebene über Wiesen und durch vielfältige Mischwälder bis er schließlich steil bergab ins Tal der Wieslauf führt.

Unvermittelt hält der Wanderführer an: Tief unten neben dem Wanderpfad zeichnen sich die Umrisse der Gallengrotte ab. Solche Grotten entstehen auf eine ähnliche Weise wie die Liaskanten-Abbrüche. Nur handelt es sich hier bei der Steinschicht um darunterliegende, mächtige grobkörnige Stubensandsteinschicht, bei der auch hier die weichere und leichter lösliche Tonschicht darunter ausgewaschen worden ist und sich so unter diesen überhängenden Stubensandsteinfelsen Hohlformen, die keupertypischen "Grotten", bilden.

Gruppe der Teilnehmerinnen und Teilnehmer in der Gallengrotte
Foto: Dennis Engels

Blick aus der Gallengrotte
Foto: Dr. G. Strobel

Der Name "Gallengrotte" hat übrigens überhaupt nichts mit dem gleichnamigen menschlichen Organ zu tun, sondern rührt von der so genannten "Galle" her, einer Schlacke, die bei der Glasverhüttung als Abfallprodukt entstand und die gerne in die Klingen und Grotten entsorgt wurde. (Anm.: Im ausgehenden Mittelalter gab es im Schwäbischen Wald zahlreiche Glashütten, woher Ortsnamen wie "Althütte", "Neufürstenhütte" oder "Spiegelberg" herrühren.) An dieser Stelle sei nicht verschwiegen, dass es zum Namen der Gallengrotte eine erfundene und historisch nicht belegbare, aber hübsche Geschichte gibt, die von einem einstigen germanischen Romeo und seiner römischen Julia, Tochter des Römers Gallus, erzählt. (Um sich diese Geschichte erzählen zu lassen, wählen Sie die Telefonnummer 07192 9790324)

Nach diesem Landschaftserlebnis führt der schmale Pfad über ein kleinen Bach und später auf die befestigte Straße, die schließlich zum Ebnisee und dem Ende der Rundwanderung führt. Da die Gastronomie just an diesem Tag ihre Saison eröffnet, klingt der Single Trail bei einem kühlen Getränk oder dem ersten Eis der Saison gemütlich am Ufer des Ebnisees aus.


Seit 2015 veranstaltet die Schutzgemeinschaft Deutscher Wald - Kreisverband Rems-Murr e.V. Wanderungen für Singles (Single Trails) zu den schönsten Orten im Naturpark Schwäbisch-Fränkischer Wald.