Auf in die Steinzeit


Steinzeitlich ging es zu in Backnang. Rund 250 Kinder und Erwachsene machten die Zeitreise in die Zeit mit, in der wir noch in Fellhemden durch die Wälder pirschten. Begeistert lauschte Klein und Groß dem Archäologen und Steinzeitexperten Rudolf Walter.

Lang ist der Weg durch Lehren,

kurz und erfolgreich durch Beispiele."

(Seneca)

 


Mit dem Aktionstag auf dem Aktivspielplatz startete eine Angebotsreihe in Kooperation von Schutzgemeinschaft Deutscher Wald - Kreisverband Rems-Murr, der Stadt Backnang und dem Naturpark Schwäbisch-Fränkischer Wald.

Im Schneidersitz vor dem Zelt sitzt Rudolf Walter, bekannt aus verschiedenen Filmen (z.B. "Der Neandertalercode“, „Planet Deutschland“, der im Sommer in die Kinos kommt),  in denen er ebenfalls als Darsteller und Berater mitgewirkt hat. Umringt ist er von einer großen Gruppe von Kindern, Mädchen wie Jungen, die dieses Thema fasziniert und die an seinen Lippen hängen - jedes Wort ist ein Zündfunken für die Fantasie.

Dabei sind auch Eltern und Erwachsene, die Rudolf Walter nicht minder fesselt: Zuerst widmet er sich steinzeitlichen Werkzeugen. Mit einer gekonnten Technik schlägt er von einem Feuerstein eine flache Scherbe ab und schon hat er ein einfaches, aber wirkungsvolles Messer in der Hand. Jeder kann ausprobieren, wie rasiermesserscharf dieses "primitive" Werkzeug ist. Leder lässt sich "wie Butter" lautlos und rasch zerteilen.

Und dann folgt, worauf alle gewartet haben: Das Feuermachen, die vielleicht erste revolutionäre menschliche Erfindung. Sie ermöglichte es dem Menschen, auch unwirtliche kalte Gebiete der Erde zu besiedeln, da ihm das Feuer Wärme spendete. Das Feuer war zudem die Erfindung, die das "Kochen", also die variantenreiche Zubereitung von rohen Lebensmitteln, überhaupt erst ermöglichte. Ganz nebenbei schützte es noch vor wilden Tieren, denn im Schein des Feuers war man sicher vor Bären oder Wölfen.

 

Gleich eine ganze Palette von Möglichkeiten des Feuermachens stellte Rudolf Walter vor: Durch Zusammenschlagen von Feuerstein und Pyrit etwa, oder durch rasches Reiben eines Holzes in einer Kerbe oder klassisch mit dem Feuerbohrer, bei dem ein Stock in einem Loch eines anderen Holzstücks schnell mit den Händen gerieben wurde und dadurch der entscheidende Funke erzeugt wurde.

 

"Dieser Funken ist sozusagen unser Feuer-Baby, das wir sorgsam hätscheln müssen, damit es ein großes Feuer werden kann", erklärt Rudolf Walter. Das funktionierte mit Zunder, einem Baumpilz, trockenen Distelsamen und Gräsern. Astrid Szelest, die Initiatorin dieses Ereignisses, diesmal trefflich verkleidet als langmähnige Steinzeitfrau, assistierte Walter dabei. Die Kinder pusteten alle kräftig und schon loderte ein munteres Feuerchen.

Später sollte darüber leckeres Stockbrot gebacken werden und sogar ein frisch gefangener Fisch.

Aber zunächst wartete die nächste Attraktion - die Jagd, denn für die Steinzeitmenschen war eine erfolgreiche Jagd überlebensnotwendig.

Mit Speer und Speerschleuder demonstrierte Jürgen Wüllenweber eine äußerst erfolgreiche Technik. Durch die Speerschleuder wurden Schwung und Wurfkraft des Jägers deutlich erhöht und - nach einiger Übung - konnte ein Beutetier, hier eine Bären-Attrappe, sicher getroffen werden.

Um den Fischfang mit dem Speer zu üben, war ein kleiner, aus Horn geschnitzter Fisch im Baum aufgehängt, dessen Loch in der Mitte die Kinder mit einem Stock treffen sollten, denn die Übung jagdlicher Fertigkeiten war  damals wichtig, um erfolgreich zu sein.

Die begeisteten Kinder übten mit Feuereifer; am Ende war es aber doch Rudolf Walter, der das Ziel präzise traf.

 

Am Beispiel eines frischen, am Vorabend geangelten Fischs erklärte er, assistiert von Beate Siegel, das Ausnehmen mit dem Steinzeitmesser. Und sogar in den Fischmagen durften die Kinder einen Blick werfen, aber "unser" Fisch hatte offenbar nicht besonders üppig gefrühstückt. Der auf diese Weise fertig vorbereitete Fisch brutzelte alsbald mit verführerischem Duft an einem Holzspieß am Feuer bei Uwe Hiller. Zusammen mit einem ebenfalls am offenen Feuer gebackenen Stockbrot: Wer wollte da nicht selbst einmal kosten?

Dass die Steinzeitmenschen auch wahre Künstler waren, zeigte  Ober-Neandertaler Walter mit Flachs und Muscheln. Mit ganz einfach zu erlernenden Techniken waren die Kinder bald in der Lage, selbst ein Armband oder eine Kette aus Muscheln herzustellen. Manch einer war verblüfft, wie einfach und schnell und praktisch ohne aufwändiges Werkzeug dies funktionierte. Kleine Gemälde entstanden, indem man Muscheln in eine Steinplatte ritzte. Die Kinder erfuhren so, wie steinzeitliche Höhlenmalerei entstand, die vor vielen tausend Jahren geschaffen wurde und heute noch an vielen Orten auf der Welt - etwa in Afrika, Australien oder Südfrankreich - zu bewundern ist. Das Nähen wurde damals erfunden, indem schmale Hornstifte zu Nadeln geschliffen wurden, mit denen Kleidung genäht werden konnte.

Wer nur "mal rasch vorbeischauen im Steinzeit-Camp" wollte, der täuschte sich gewaltig, denn bei diesem Angebot verging die Zeit wie im Flug: An verschiedenen weiteren Stationen konnte man an diesem Tag das Steinzeitleben hautnah und mit allen Sinnen erleben, alles selbst ausprobieren und so ganz spielerisch mehr über diese beeindruckende Epoche unserer Geschichte erfahren:

 

Im Steinzeit-Tipi aus Fellen wurden Geschichten erzählt, Steinzeitschmuck und Werkzeuge konnten selbst hergestellt werden. Wer wollte, konnte sich in Körperbemalung üben, Musik auf Knochenflöte oder Trommel machen oder historische Jagd- und Arbeitsmethoden selbst ausprobieren. Patricia Schlör, Leiterin des Aktivspielplatzes, freute sich über den regen Zulauf.

Spätestens nach der Lesung über steinzeitliche Ernährung zog es einen unwiderstehlich an den aber gar nicht so steinzeitlichen Grill, wo ein gut gelauntes Team mit Steinzeit-Steaks und Würstchen, aber auch mit Kaffee und Kuchen für die leiblichen Bedürfnisse sorgte.

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