Nationalpark Schwarzwald

Soll im Nord-Schwarzwald der erste Nationalpark in Baden-Württemberg entstehen?

So lautete die Frage, die mit dem Jahr 2014 beantwortet ist: Er ist ausgewiesen!

Die Diskussion, ob ein "Nationalpark Schwarzwald" sinnvoll sei oder nicht, spaltet die Bevölkerung, vor allem die direkt Betroffene in den Nordschwarzwald-Gemeinden nach wie vor.  Ein paar Hintergrund-Informationen:

 

(Foto: Dr. G. Strobel)
(Foto: Dr. G. Strobel)

Was ist ein Nationalpark?

(Foto: Dr. G. Strobel)
(Foto: Dr. G. Strobel)

Ein Nationalpark ist ein großräumiges unzerschnittenes Gebiet mit dem Charakter eines Naturschutzgebiets. Es soll in einem vom Menschen wenig beeinflussten Zustand sein oder erwarten lassen, dass es sich in einen solchen Zustand entwickeln lässt. Wichtig ist das die natürliche Entwicklungsdynamik dort ungestört ablaufen können soll.
Wenn es der Schutzzweck erlaubt, sollen hier auch wissenschaftlich Beobachtungen, naturkundliche Bildung und Naturerlebnis möglich sein

 

Er unterscheidet sich vom Naturpark dadurch, dass beim Naturpark die Bewahrung der Kulturlandschaft in ihrer heutigen Form und deren touristische Vermarktung im Vordergrund steht.

Welche Argumente sprechen für die Ausweisung eines Nationalparks?

  • Geeignete größere Flächen einer natürlichen Dynamik zu überlassen, bedeutet, in einem dicht besiedelten Bundesland einem Stück Natur wieder eine ungestörte Entwicklung zu ermöglichen (Entwicklung zu einem Urwald von Morgen).
  • Die langfristige Beobachtung solcher Prozess-Schutzflächen (Prozess-Schutz bedeutet, dass nicht ein Zustand konserviert werden soll, sondern natürliche Prozesse möglichst ohne Einwirkung von aussen ablaufen dürfen) dient wissenschaftlichen Erkenntnissen und als Anschauungsobjekt künftiger Generationen.
  • Wichtigstes Argument ist, dass man im Nordschwarzwald die größten zusammenhängenden Waldflächen in Baden-Württemberg vorfindet. Da der Wald in Landeseigentum den größten Teil ausmacht, ist (nur?) hier die Voraussetzung für die Ausweisung eines solchen Großschutzgebietes mit etwa 10.000 Hektar gegeben.
  • Befürworter des Nationalparks sehen darin ein touristisches Alleinstellungsmerkmal für diese Region in Baden-Württemberg. Zu beachten ist, dass Tourismusförderung nicht das eigentliche Ziel einer Nationalpark-Ausweisung ist, sondern eher behutsam mit den eigentlichen Nationalpark-Zielen vereinbart werden muss.

Welche Kritikpunkte gegen eine Ausweisung wurden angeführt?

(Foto: Dr. G. Strobel)
(Foto: Dr. G. Strobel)
  • Der Nordschwarzwald ist zu einem hohen Prozentsatz mit der Baumart Fichte bewaldet. Die Fichte würde von Natur aus nur auf einigen Extrem-Standorten vorkommen, ist also auf dem größten Teil der Fläche eine naturferne Bestockung.
    Daraus entstand die Idee eines "Entwicklungsnationalparks" (der in den ersten Dekaden seines Bestehens durch intensive forstliche Eingriffe in eine naturnähere Bestockung "entwickelt" werden soll.)
  • Naturferne Bestockung birgt die Gefahr einer unkontrollierten Borkenkäfer-Massenvermehrung, überliesse man den Wald seiner natürlichen Dynamik (siehe Nationalpark Bayerischer Wald). In einem Wirtschaftswald würde dem Borkenkäferbefall durch entsprechende Waldschutz-Maßnahmen begegnet.
  • Holzverzicht: Die örtliche Säge-Industrie weist darauf hin, dass mit der Ausweisung  ein Verzicht auf (jährlich etwa 50.000 Kubikmeter) Holzertrag einhergehe, was überdies auch die nachgeschaltete Holzindustrie belaste und Arbeitsplätze gefährde. Diese müssten sich Holz dann mit größeren Transportentfernungen anliefern lassen.
  • Tourismus: Der Nordschwarzwald ist schon immer ein Tourismus-Schwerpunkt gewesen. Dieser stellt einen wichtigen Standortsfaktor der Region dar. Zwar sind Wege durch den Nationalpark grundsätzlich möglich. Der hauptsächliche Schutzzweck, die natürlich Dynamik, steht einer Ausweitung einer touristischen Infrastruktur entgegen.
  • Naturschutz: Der Nordschwarzwald ist eine Waldregion, in der das relativ seltene Auerhuhn vorkommt. Dieses ist auf ein spezifisches Nahrungsangebot und auf eine offene Waldstruktur angewiesen, wie sie im Rahmen naturnaher Waldwirtschaft aus diesem Grund gefördert wurde. Eine natürliche Waldentwicklung würde langfristig aber zu dichteren Schlusswäldern aus Tanne und Buche führen, die nicht mehr die für das Auerhuhn notwenige Lebensraum-Qualität hätte.#
  • Schutzfunktionen: Da bei der momentanen Baumartenzusammensetzung ohne forstliche Eingriffe eine Borkenkäfer-Vermehrung und ein Absterben der Fichte wahrscheinlich ist, können vorübergehend bis zur Sukzession (natürliche Entwicklung) der nächsten Waldgeneration die Erfüllung mehrerer Waldfunktionen gefährdet sein (Wasserschutz aufgrund von Nitrat- und Nährstoff-Auswaschungen, Bodenschutz aufgrund von absterbenden Bäumen / Wurzeln; Sicht- und Immissionsschutz, da Waldbestände sich vorübergehend auflösen.)
  • Mögliche Konkurrenz zwischen Nationalpark (Prozess-Schutz) und Naturpark (Erhaltung einer Kulturlandschaft) Nordschwarzwald
(Foto: Dr. G. Strobel)
(Foto: Dr. G. Strobel)

Fazit

Die Frage, ob Teile des Nordschwarzwalds in Form eines Nationalparks oder alleine in Form des bisherigen Naturparks geschützt werden sollten, war zweifellos ein Politikum ersten Ranges.

 

Bei Lichte betrachtet geht es dabei aber lediglich um 10.000 Hektar Waldfläche, das bei einer Gesamtwaldfläche von 1,36 Millionen Hektar in Baden-Württemberg einem Anteil von 0,7% entspricht.

 

Da der Nordschwarzwald eine der, wenn nicht die am wenigsten zerschnittene Waldfläche in Baden-Württemberg ist, ist es durchaus folgerichtig, genau hier einer ungestörten natürlichen Entwicklung Raum zu geben. Ein Nationalpark dient der Natur, der Forschung und der Umweltbildung, da ein "Urwald von morgen" die Menschen für Wald und Natur interessiert und für Informationen und Erlebnisse empfänglich macht. Daher haben sich die Mitglieder des SDW-Landesverbands mehrheitlich für den Nationalpark Nordschwarzwald ausgesprochen.

 

Als problematisch wird allerdings die vorgesehene Behandlung als "Entwicklungs-Nationalpark" gesehen, bei dem rund 30 Jahre lang Intensiv-Forstwirtschaft betrieben werden soll, um eine Entwicklung vorher zu simulieren, die sich anders vielleicht erst in einigen Baumgenerationen, sprich in mehreren hundert Jahren abspielen würde. Dieser Gedanke der bewussten Steuerung widerspricht dem Prozess-Schutz-Gedanken eines Nationalparks.

 

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